01 Jan Die Frankfurter Nationalversammlung
Am 18. Mai 1848 zogen die Abgeordneten des ersten frei gewählten Parlaments in die Frankfurter Paulskirche ein. Ihr Ziel: die Ausarbeitung einer Verfassung für ein geeintes Deutschland. Als sie fast ein Jahr später fertig waren, scheiterte die Durchsetzung gegenüber dem Fürsten. Trotzdem war das erste demokratisch gewählte gesamtdeutsche Parlament ein wichtiger Meilenstein für die deutsche Geschichte. Nicht zuletzt bildeten die dort entstandenen Fraktionen den Ursprung der Parteien, wie wir sie heute noch kennen.
Natürlich gab es eine Vorgeschichte. Nachdem die deutschen Länder sich 1813/14 von Napoleon befreit hatten, bestand die Hoffnung auf einen deutschen Nationalstaat. Stattdessen resultierte aus dem Wiener Kongress 1815 ein Flickenteppich von ca. 40 Einzelstaaten in einem losen Bund. Liberale Regungen wurden im Keim durch die Karlsbader Beschlüsse 1819 erstickt. Viele Deutsche zogen sich in den Biedermeier zurück, andere demonstrierten – zum Beispiel auf dem Hambacher Fest 1832 – für mehr Freiheit. Einen wirklichen Fortschritt gab es aber erst 1848, als die Franzosen auf die Barrikaden gingen.
Die Anfänge demokratischen Handelns
Um etwas Druck aus der revolutionären Dynamik herauszunehmen, machten die herrschenden Kräfte größere Zugeständnisse. Unter anderem wurde die Zensur aufgehoben und die Deutschen durften sich wieder politisch engagieren. Schließlich wurde der Einberufung einer Nationalversammlung zugestimmt. Die Mitglieder der Deutschen Nationalversammlung wurden nach allgemeinem und gleichem Mehrheitswahlrecht gewählt.
Grundsätzlich gab es drei Strömungen: Die Demokraten wünschten die Einführung einer Republik, die Liberalen eine konstitutionelle Monarchie, die Konservativen föderalistische deutsche Einzelstaaten. Gemäß ihren politischen Vorstellungen und Interessen organisierten sich die Abgeordneten in Clubs, um sich zu beraten und abzustimmen. Diese Clubs gelten als die Vorläufer der parlamentarischen Fraktionen.
Die Ergebnisse: aktuell bis heute
Die schließlich im März 1849 verabschiedete Reichsverfassung hatte einen föderalen deutschen Einheitsstaat zum Ziel, dem ein erblicher Kaiser als Staatsoberhaupt vorstand. Der gewählte Reichstag sollte unter anderem für die Gesetzgebung zuständig sein und die Exekutive kontrollieren. Diese Ideen waren damals wegweisend. Doch der preußische König Friedrich Wilhelm IV., von der Nationalversammlung zum „Kaiser der Deutschen“ gewählt, lehnte die Kaiserwürde ab: Kaiser von Gottes Gnaden ja, aber nicht von Volkes Gnaden. Damit war das erste deutsche Parlament gescheitert. Die deutsche Bevölkerung verlor ihr Vertrauen in das Parlament, das sich kurze Zeit später selbst auflöste.
Eine der großartigsten Leistungen der Nationalversammlung war das „Reichsgesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes“, in dem erstmals Menschen- und Bürgerrechte Gesetzeskraft bekamen. Gleichheit vor dem Gesetz, Pressefreiheit, Gewerbefreiheit, Freizügigkeit und vieles mehr sind bis heute wichtige Säulen unserer politischen Grundordnung.